¡Rezension!: Nashville oder Das Wolfsspiel

Cherry

Die Frau hat es schon drauf, anders kann man es nicht sagen. Wenn man im Bereich des Jugendbuchs (oder Belletristik für junge Erwachsene) etwas Außergewöhnliches sucht, was gleichzeitig aber auch spannend ist, so kann man mit der werten Frau Michaelis nicht viel falsch machen. Spezielle Charaktere, eine Story, von der man nicht zu träumen gewagt hätte, und dazu noch eine Art von Thrill, wie man ihn nur selten findet. 
Auch bei Nashville war das nicht anders. Wir lernen eine 18jährige Studentin kennen, ein bisschen anders, ein bisschen wirr, und trotzdem so interessant, dass sich während der Geschichte nicht nur ein junger Mann in sie verliebt, sondern gleich.... ich hab vergessen zu zählen. Das war für mich zwar nicht immer ganz nachvollziehbar, denn Svenja war für mich stets auf dem Weg irgendwohin, aber immer unsicher, wo sich das Ziel befand, doch ich muss zugeben, dass ich im Laufe der Jahre schon schlechtere Protagonisten gesehen habe, und die ganze Geschichte wohl nicht funktioniert hätte, wenn sie nicht irgendwie eine Schraube locker gehabt hätte.

Doch wenn dies das Verwirrenste am ganzen Buch gewesen wäre, so dürfte sich Frau Michaelis wohl nicht mehr Frau Michaelis nennen, denn es kommt noch dicker (natürlich). Ein kleiner obdachloser Junge, der sich bei Svenja einnistet und von ihr liebevoll Nashville genannt wird, scheint anfangs noch ganz harmlos, erweckte bei mir aber bald eine gewisse Art Grauen. Wer schon ein oder zwei Bücher der Autorin gelesen hat, weiß nämlich, dass nichts so ist, wie es scheint, und man nach diesen eher schockierenden Leseerfahrungen wirklich auf alles gefasst sein muss. 
So wird in diesem Buch natürlich auf viele Tabuthemen angesprochen, die man sonst in kaum einem Titel für diese Altersklasse findet: Sex, Drogen, Liebe zwischen nicht ganz gleichaltrigen Menschen, Obdachlosigkeit und (selbstverständlich) Mord. Ab hier möchte ich nicht zu viel verraten, denn wie immer lädt das Buch zum Mitdenken und Rätseln ein, weswegen es auch nur wirklich Spaß macht, wenn man es selbst in den Händen hält, einfach drauf los liest und in die Geschichte eingesogen wird.

Und. wie fand ich es nun? War es so gut wie der Märchenerzähler?
Nein, definitiv nicht, was nicht heißen soll, dass ich dieses Buch nicht gern gelesen habe. Wenn ich es mit einem anderen Titel von ihr vergleichen sollte, dann wäre es wohl Solange die Nachtigall singt. Verwirrend, moralisch nicht immer ganz korrekt, düster - auf die eigene Art und Weise - und, naja, eben anders (ich glaube man kann dieses Gefühl nur nachvollziehen, wenn man sich selbst an die Bücher herantraut). Im Gegensatz zum Vorgänger ist Nashville aber näher an der Realität. Es hat nicht diese märchnhaften Aspekte, auch wenn die Sprache natürlich wiedermal wunderbar und unglaublich metaphorisch war, und konfrontiert uns mit Themen, mit denen wir uns sonst wahrscheinlich seltener beschäftigen, vielleicht auch weil wir es nicht wollen.
Trotzdem gab es für mich zu viele Stellen, die ich weder nachvollziehen, noch wirklich leiden konnte. Und auch beim Herausfinden von gewissen Geheimnissen war ich manchmal etwas schneller als die Protagonistin (eine Sache hatte ich wirklich schon sehr früh raus, die dann aber erst am Ende des Buches aufgelöst wurde... sowas nervt ein bisschen), weshalb die Spannung dann doch das ein oder andere Mal kippte. 

Mein Urteil

Die Ideen, die Frau Michaelis hat, sind wirklich sehr speziell und für mich immer wieder faszinierend, dennoch finde ich manche Dinge einfach zu wirr. Es ist toll, wie sie Tabuthemen anspricht, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, aber ihre nicht ganz so normalen Protagonisten lassen die ganze Sache nicht mehr wirklich authentisch wirken. Ich mag besondere Figuren, aber ihre Handlungen sollten nachvollziehbar sein, deswegen von mir nur gut gemeinte 3,5 Kirschen. Ich habe es einserseits genossen, andererseits, naja...

7 Kommentare:

  1. Danke für die tolle Rezension. Dieses Buch hab ich zwar noch nicht gelesen, aber "Der Märchenerzähler" ist für mich der beste Roman von Antonia Michaelis.

    LG
    Sabine

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    1. Ich glaube das wird auch bei mir weiterhin so bleiben. ;)
      Aber mal gucken was die Zukunft noch so bringt.

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  2. Hab das Buch gerade erst gelesen. Weißt du noch, was du in deiner Rezension meintest, was du schneller als die Protagonistin raushattest?
    Ich fand Nashville übrigens lange nicht so provokant wie die anderen Büchern von AM. Also schon mit ungemütlichen Themen, aber nicht so polarisierend wie der Märchenerzähler oder die Nachtigall. Trotzdem mal wieder ein klasse Buch von ihr :)

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    1. Was ich echt viel früher raus hatte als Svenja, war Nashvilles Beziehung zu Limetten (wenn ich mich richtig erinnere, waren es doch Limetten, oder?) Das fand ich ziemlich eindeutig.

      Was ich an dem Buch so tabulos behandelt fand, war Nashvilles Zuneigung zu Svenja. Das zu thematisieren, traut sich nicht jeder. Sonst geb ich dir aber recht, mir gefallen die anderen beiden persönlich auch besser. Mal sehen wie "Niemand liebt November" wird. Das kommt bald dran ;)

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    2. Ah, verstehe. Ich hab das nicht gecheckt xD Ich meine, es ist total logisch, aber ich bin einfach nicht drauf gekommen.

      Eigentlich hätte sie Nashvilles Gefühle gegenüber Svenja auch gut und gerne noch weiter erforschen können... ich meine, das war schon hart und unangenehm wie er sie manchmal angeschaut hat, aber das AM ja sonst auch nicht ;D

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    3. Ehrlich gesagt, fand ich es noch schockierender, dass Svenja irgendwann erkennt, dass sie ähnlich für ihn empfindet. Aber klar, das hätte sie eigentlich noch weiter ausschmücken können. Irgendwie stand diesmal das "Verbrechen" mehr im Mittelpunkt.

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    4. Stimmt! Das war noch ne Nummer härter. Na ja, Stoff für ein anderes Buch, würde ich einfach sagen ;)

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