ReRead-Rezi ~ Harry Potter und die Heiligtümer des Todes

Cherry
 

Vor dem Ende eines guten Buches fürchtet sich wahrscheinlich jeder; das Ende von der Harry Potter-Reihe war allerdings noch einen Schlag härter, denn wenn man jahrelang mit Harry, Ron und Hermine Abenteuer erlebte, wuchsen sie, und die vielen anderen Figuren, einem doch so sehr ans Herz, dass man sich ein Ende dieser wunderbaren Zeit gar nicht ausmalen wollte. Und egal wie oft man diese Reihe beginnt, der Schmerz ist immer wieder gleich. Ich erwartete es, aber dann kam es doch noch schlimmer ... war ja klar. 
Verzeiht - ein weiteres Mal - die spoilergefährlichen Passagen, denn mir ist bewusst geworden, dass diese ReRead-Rezis mehr als Verarbeitungstagebuch dienen. Ich muss es mir von der Seele schreiben....

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Harry macht sich gemeinsam mit Ron und Hermine auf die Suche nach den verbliebenen Horkruxen, deren Finden sich als schwieriger herausstellt als zuerst vermutet. Dumbledores Tod steckt ihnen allen noch in den Knochen, doch was beabsichtigte er mit den Geschenken, die er den dreien hinterlassen hat? Und war der gutherzige Ex-Schulleiter wirklich stets der gute Mann, für den ihn jeder hielt?

Währenddessen scheint Voldemort immer stärker zu werden; das Ministerium fällt, Muggelstämmige werden diskriminiert, wenn nicht sogar getötet und selbst Hogwarts ist vor den Todessern nicht mehr geschützt. Die Situation scheint aussichtslos, doch immer und überall glimmt ein kleines Licht der Hoffnung auf. Sie werden kämpfen müssen. Bis zum bitteren Ende.



Alles beginnt mit der Hochzeit von Bill und Fleur, die wahrscheinlich die letzte schöne Zusammenkunft all jener bildet, die bald in den Kampf ziehen müssen. Es war wie ein kleines Geschenk der Autorin, diese Festlichkeit der Liebe an den Anfang eines Buches zu stellen, welches hauptsächlich aus Verzweiflung und Trauer besteht. Außerdem lernen wir dort Lunas Vater Xenophilius kennen, der uns mit den Heiligtümern des Todes und natürlich den Märchen von Beedle dem Barden bekannt macht, die für den Ausgang der Geschichte eine immense Rolle spielen. An dieser Stelle vielleicht einen kleinen Wink in Richtung "Lieblingszenen aus dem letzten Band": als Harry Lunas Schlafzimmer betritt und das Gemälde an der Decke erkennt. Wunderschön!

Es gibt aber auch wieder kleine, feine und schöne Sachen, die wir über die Welt der Zauberei lernen: der unaufspürbare Ausdehnungszauber (der aus Hermines Tasche ein wahres Wunderland macht), den Tabu-Zauber (den man über verbotene Worte legen kann) oder auch verschlüsselte Radiosender, wie PotterWatch, die im Laufe des Widerstands entstanden sind. In diesem Teil sind unglaublich viele, versteckte Dinge platziert, die man aus den Vorgängern bereits kennt, allerdings erst jetzt zum Einsatz kommen.



Und hier könnte ich mich wieder zu Tode schreiben, da es einfach zu viele Dinge gibt, die im Finale ans Licht kommen. Beginnen wir doch einfach bei unseren drei Helden:

Harry, Ron und Hermine sind erwachsen geworden. Nicht, weil sie jetzt "ausgewachsene" Zauberer sind, sondern weil die Erlebnisse der Vergangenheit sie dazu gemacht haben. Ihre Freundschaft ist so groß wie eh und je, doch die Gefahr, die Angst und die Hoffnungslosigkeit sorgen für Streitereien, Kummer und tiefe Narben. Es ist zwar wunderbar mit anzusehen, wie Ron und Hermine sich ihrer Zuneigung bewusst werden (wie lange habe ich doch auf diesen Kuss gewartet), doch umso quälender ist die Geschichte um Harry. Es hat mich fast zerrissen, als er seinem vermeintlichen Tod entgegen tritt, den Stein dreimal umdreht und seine verstorbenen Liebsten wieder trifft. Ich hatte diese Szene vergessen, und es muss Verdrängung gewesen sein, die mich dazu brachte, denn ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen, selbst beim zweiten Lesen.

Erst im letzten Band der Reihe ist mir aufgefallen, wie bemerkenswert doch auch Dumbledore's Leben ist. Das klingt zwar etwas seltsam, schließlich wird doch immer wieder gesagt, dass er einer der größten Zauberer seiner Zeit ist, doch hatte ich ihn davor stets als gutherzigen, alten Kauz abgestempelt, den er leidenschaftlich gern gespielt hat. Seine Verbindung zu Grindelwald (und die Vorstellung, dass die beiden eine Liebschaft hatten), die Geschichte seiner Schwester und all die Unglücke, die er als Jugendlicher erleben musste, machten aus dem edlen Großzauberer eine zebrechliche, liebenswürdige Person. Übrigens einer der vielen Punkte, die mir erst jetzt beim ReRead wieder bewusst geworden sind.

Doch nichts schmerzt so sehr wie die Tode, die wir in Band 7 betrauern müssen. Es begann mit Mad-Eye und Hedwig, deren Ableben einem schon am Anfang der Geschichte zusetzten, die im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte, allerdings fast harmlos wirkten.
Dobbys Verlust war nur der Beginn einer Serie, die ich gern' wieder vergessen möchte. Snape, der sich Harry endlich offenbarte, der stets Dumbledores Mann war und der uns mit dem kleinen Wort "Immer." das Herz bricht. Tonks und Lupin, frisch gebackene Eltern, die sich liebten, trotz größter Kritik und nur beiläufig in einem Nebensatz erwähnt werden. So grausam. Und dann, naja, die meisten werden wissen was kommt. Unvermeidbar und trotzdem schockierend, Fred, der nur Minuten davor Frieden mit Percy geschlossen hatte. Percy der weint und fleht und eine zerrissene Weasley-Familie, bei der man sich nicht vorstellen kann, dass sie jemals wieder so sein wird wie vorher. Und übrigens kein Blick auf George, weil das wahrscheinlich kein Mensch ertragen hätte. Vielleicht zeigte Rowling da noch ein bisschen Gnade.



In keinem Buch wird so sehr mit der Zukunft gespielt wie hier. Ich vermute fast, dass die Autorin uns auch diesmal etwas schenken will: die Gewissheit, dass Harrys Leben weitergeht, dass es ein Happy End geben kann, trotz herber Verluste. Es ist einerseits zwar schön mit anzusehen, wie die kleinen Familien gewachsen sind, wie die Liebe doch siegte und dass der Hogwarts-Express immer weiterfahren wird, aber soll ich ehrlich sein? Dieses Kapitel hat mich nicht getröstet.


Ich weiß nicht, ob das Ende perfekt war, ob es genauso durchdacht war, wie das restliche Potter-Universum; was ich allerdings weiß, ist, dass ich von diesem Buch beeindruckt bin, auch wenn es mich hauptsächlich traurig macht. Ich möchte gern' wieder von vorn beginnen, alles zurück spulen, wieder Kind sein, gemeinsam mit Harry, Ron und Hermine ... aber wenn man erst einmal die Heiligtümer des Todes gelesen hat, sollte man wohl Abstand gewinnen, um irgendwann nochmals anzufangen.
Ich liebe diese Reihe - so wie tausende von anderen Menschen - und ich kann irgendwie nicht ganz fassen, was Frau Rowling da getan hat. Was macht diesen Zauber aus?

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