"Dreckstück" - eine Novelle über Fremdenfeindlichkeit

Cherry

Fremdenfeindlichkeit ist besonders derzeit wieder ein heikles Thema und wird dem Leser in Dreckstück (ich habe mir erlaubt, dieses knapp 100 Seiten lange Buch Novelle und nicht Roman zu nennen) aus der Sicht eines französischen Jugendlichen näher gebracht. David, der durch die falschen Freunde auf eine schiefe Bahn geraten ist, und seine Clique nehmen sich einem kleinen schwarzen Mädchen an, dessen Haare verlaust sind. Was für die Teenager als amüsantes Machtspiel beginnt, nimmt jedoch bald eine grausame Wendung.

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nach dem Lesen des Klappentextes etwas so Schockierendes wie Nichts von Janne Teller erwartete, denn seien wir mal ehrlich, was Fremdenhass betrifft, so sind die Tatsachen, die wir in den Medien geboten bekommen, bereits dermaßen brutal und erschütternd, dass es schon eine sehr widerliche Geschichte braucht, um da mitzuhalten. Deswegen begann ich das Buch auf der einen Seite gespannt, auf der anderen etwas ängstlich, weil ich Schreckliches befürchtete.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass die Angst unbegründet war. Ja, dieses Buch geht einem nah und man wechselt ständig zwischen Mitleid und Wut, aber schockiert? Nein, schockiert bin ich nicht. Die Autorin bietet nichts Originelles, sondern "nur" ein Buch über eine Gruppe Jugendlicher, die mit sich und ihrem Leben nichts anzufangen wissen und deswegen lieber Minderheiten schickanieren. Manchmal hatte ich fast das Gefühl, dass die Autorin ihre "Bösewichte" sogar in Schutz nehmen wollte, indem sie ihnen eine traurige Geschichte verpasste. 

Ich bin nun also etwas zwiegespalten. Es ist großartig, sich als Autorin einem so heiß diskutierten Thema wie diesem anzunehmen und daraus ein gesellschaftskritisches Buch zu verfassen. Man merkt, dass sie ihre Leser aufrütteln will, doch gelingt ihr das in meinen Augen nicht. Vielleicht bin ich einfach schon so abgehärtet von unserer Welt, dass mich ihre nicht mehr aufwühlen kann, vielleicht lag es aber auch daran, dass sie sich, gerade als sie beginnt wirklich Grausiges zu beschreiben, vom Schauplatz entfernt, um aus der Distanz zu lauschen. Ich weiß, das klingt furchtbar, aber man sollte sich meiner Meinung nach bei solchen Themen trauen, Tabus zu brechen, um die Menschen wirklich zu fesseln und nachdenklich zu stimmen. 

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