¡Rezension!: Eine echt verrückte Story + Filmvergleich

Cherry
  
Klappentext:
Craig besucht eine Elite-Highschool in Manhattan. Eine, für die man seine überdurchschnittlich hohe Intelligenz in zahlreichen Tests unter Beweis stellen muss. Eigentlich kann er sich glücklich schätzen. Blöd nur, dass in letzter Zeit eine tiefe, fundamentale Traurigkeit von ihm Besitz ergriffen hat. Eine Traurigkeit, die jeden Schritt und jeden Handgriff zum Problem macht. Als Craig sich auf der Brooklyn Bridge wiederfindet, bereit hinunterzuspringen, zieht er die Notbremse und weist sich selbst in die Psychiatrie ein. Und die ungewöhnlichsten und lehrreichsten Tage seines bisherigen Lebens beginnen …


Depressionen sind ein schwieriges Thema, von Depressionen bei Jugendlichen wollen wir gar nicht erst anfangen, doch Ned Vizzini ließ in diesem Roman in den Kopf eines 15Jährigen blicken, der mit der Welt nicht mehr klar zu kommen scheint. Der ewige Stress in der Schule, Freunde, die ihn nicht verstehen, Essstörungen und schlussendlich auch Selbstmordgedanken sind die Dinge, die ihm ständig im Hirn herumspuken. Keine Pause, kein wirklicher Spaß, nur diese schrecklichen Tentakel, die versuchen, ihn von seinen Ankern weg zu ziehen und ihn langsam glauben lassen, dass er ohne die Welt, oder die Welt ohne ihn, besser zurecht kommt. Er hat keine Angst vorm Sterben, er hat Angst vorm Leben.

Ich war erleichtert, dass der Autor nicht den üblichen, philosophischen Quatsch zu Papier brachte, dem man einem 15Jährigen, nachdenklichen, aber nunmal nicht weisen Jungen sowieso nicht abkauft. Craig ist klug, das spürt man, aber er ist eben ein Jugendlicher, noch unerfahren und jung, der neben seinen Problemen auch sehr viel an Sex und Mädchen denkt. Er kifft mit seinen Kumpels, ist in die Freundin seines besten Freundes verknallt und wird langsam erwachsen. Neben seinen pessimistischen Gedanken und dem innerlichen Ausbrennen bleibt er also stets ein ganz "normaler" Junge, der nicht immer vernünftig denkt und handelt, nicht immer darauf achtet, was er sagt und auch nicht immer weiß, was er tun sollte. Das gefiel mir. Auch sein besonderer, manchmal etwas makaberer Humor brachte mich dazu, ihn bald zu mögen und ließ mich genau das mitfühlen, was er durchmachte.

Man merkt eigentlich recht schnell, dass hier sehr viel autobiographischer Stoff verarbeitete wurde. Wer sich ein wenig mit dem Leben des Autoren befasst hat, weiß, dass er sich selbst in solch einer Situation befand und deshalb aus eigener Erfahrung schreiben konnte. Es ist authentisch, ohne Zweifel, und so wie er die anderen Patienten in der Klinik beschreibt, wirken diese wie Menschen, die ihm vielleicht genauso, oder ein wenig anders, selbst begegnet sind. Menschen bei denen Craig merkt, dass es einem noch schlechter gehen kann als ihm, dass seine Ängste aber ernste Probleme sind, die noch mehr Personen mit ihm teilen, als zuerst gedacht.
Ich konnte und wollte das Buch nicht aus der Hand legen und war dann doch etwas erstaunt, wie einfach die Geschichte endet. Auf der einen Seite ist es erleichternd, auf der anderen fast traurig, denn wenn man sich einmal darüber Gedanken macht, wie das Leben des jungen Ned Vizzini endete, so glaubt man hier nur einen Anfang gelesen zu haben, der sich durch ein ganzes Leben ziehen kann.


Ein ernstes Thema, was mich schon immer sehr interessiert hat, ein authentischer Jugendlicher, der uns in seinen "kaputten" Kopf schauen lässt und viele weitere Figuren, die das Puzzle vervollständigen, machen den Roman zu einem wirklich gelungenen Buch. Ich finde, dass so etwas in Schulen gelesen werden sollte, um denen die Augen zu öffnen, die nicht daran glauben, dass es auch anderen so geht wie ihnen. Die Problematik ist wichtig und wird in meinen Augen viel zu sehr unterschätzt, was uns der Autor leider nicht nur mit diesem Buch bewiesen hat.



Das Heyne fliegt-Cover ist in Ordnung, da Craig selbst sagt, dass, wenn er sich umbringen würde, er von der Brooklyn Bridge springen würde. Brücke und Skyline von einer großen Stadt (hier dann wohl Manhattan) und im Hintergrund eingezeichnete Stadtkarten machen das Bild eigentlich rund. Aber es gibt da eine Version, die ich noch lieber habe.
Es handelt sich um das Originalcover, welches damals vom ersten deutschen Verlag, der das Buch veröffentlichte, auch übernommen wurde. Craig zeichnet gerne Stadtkarten, die er im Buch in Köpfe und anderen Dingen hineinzeichnet. Das zu übernehmen, ist für mich eine tolle Idee. 





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 Umsetzung:

Ich dachte mir, dass es bei dieser einsträngigen Handlung eigentlich nicht schwierig sein würde den Film ähnlich aufzubauen wie das Buch. Und dem war auch so, wenn man nur die zweite Hälfte des Romans betrachtet. Da es auf den ersten 200 Seiten des Buches eher darum geht, wieso Craig sich freiwillig einliefern lässt, wie sich seine Depression entwickelte usw., schien das für den Film wohl zu langatmig zu sein, weshalb er gleich mit Craigs Einzug auf die Station beginnt. Was davor geschehen ist, wird bruchstückhaft mit Flashbacks, immer dann wenn es gerade passt, in die Story mit untergemischt. Das fand ich zuerst ziemlich schlecht, da ich anfangs dachte, sie würden die ganze Vorgeschichte einfach rauslassen, doch irgendwann hatte ich mich damit abgefunden und sah es als mögliche Verbesserung für den Film.


 Schauspieler:

Craigs Schauspieler (Keir Gilchrist) fand ich übrigens sehr gut gewählt. Er hatte nicht nur den typischen Hundeblick, wirkte wie ein Außenseiter und funktionierte überzeugend als überforderter Jugendlicher, er sah dem Autoren auch noch etwas ähnlich, was man vielleicht als kleinen Wink mit dem Zaunpfahl deuten kann. Selbst Emma Roberts, die für mich vorher ein Grund war den Film nicht zu schauen, fand ich in ihrer Rolle als Noelle recht süß. Sie war zwar nicht tough genug, aber sie machte ihre Sache trotzdem gut.
Der kleine "Star" des Films war aber eindeutig Bobby (Zach Galifianakis), der wahrscheinlich durch seine Popularität eine größere Rolle zugesprochen bekam, als ihm eigentlich zustand. Bobby war eine Mischung aus verschiedenen Figuren des Buches. Diese waren im Film zwar auch vertreten, bekamen durch seinen immensen Text aber kleinere Auftritte. Zusätzlich wurden dann noch ein bisschen theatralische Fakten dazu gedichtet, damit seine Geschichte so richtig dramatisch wirken konnte, aber wer das Buch nicht kennt, wird das wohl kaum merken und sich einfach über seine ausgefallene Komik freuen.


Gefühl:

Ich muss sagen, dass ich beim Lesen des Buches weitaus mehr empfunden habe, als beim Schauen des Films. Das lag einmal daran, dass man Craigs Leidensgeschichte nur Splitterweise zu sehen bekommt, zum anderen waren es die vielen kleinen Änderungen, die in meinen Augen nicht hätten sein müssen und die eigentliche Geschichte manchmal verfälschten. Viele Sätze wurden zwar aus dem Roman übernommen, aber es gab hin und wieder auch Änderungen in Dialogen, die ich vorher so grandios fand. Aus dem Satz Ich mag es mit dir zu knutschen, aber als Mensch kann ich dich eigentlich nicht besonders leiden. wurde ein bescheuertes Ich liebe dich. ... autsch. Aber wahrscheinlich ist in Amerika ein Film nichts wert, wenn dieser Satz nicht mindestens einmal auftaucht.
Die Dinge, die mir im Buch so positiv auffielen, die die typischen amerikanischen Klischees zusammenbrechen ließen, waren im Film leider nicht vorhanden. Dadurch wirkte eine so unverkitschte Geschichte schon wieder kitschig und übermittelte dieses unerträgliche "Alles wird gut"-Gefühl.


7 Kommentare:

  1. "Eine echt verrückte Story" ist ein wirklich tolles Buch. Ich habe es damals für eine Buchvorstellung in der Schule gelesen und war hin und weg. Natürlich ist es kein Buch, dass man einfach mal so schnell liest, sondern mit etwas mehr Tiefgang. Dafür aber trotzdem mit nem gewissen Hauch Humor, was ich ganz klasse finde. Das Buch mit dem grandiosen Cover zu seinen Zeichnungen steht übrigens in meinem Regal. Ich bin super froh darüber, denn das passt wirklich wie die Faust aufs Auge :)

    Liebe Grüße,
    Jani

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    1. Ich kann dir nur zustimmen. Der Film war dagegen leider nicht ganz so brillant :(

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  2. Ich bin dir gerade echt dankbar für den Vergleich. Hatte das Buch vor einem Jahr gelesen und seither ständig überlegt, ob ich mir den Film angucke oder nicht. Ziemlich viele fanden ihn gut, aber die meisten hatten da das Buch nciht gelesen, und irgendwie kam ich auch beim Trailer schon so ein bisschen ins Zweifeln. Hat Noelle denn auch Narben im Gesicht im Film oder haben sie die weggelassen? Im Trailer sah das nämlich ganz danach aus und das fand ich irgendwie schade.
    Ich find's auch total beeindruckend, wie unterschiedlich man das Buch wahrnehmen kann. Ich glaube, wenn ich es jetzt noch mal lesen würde, käme es mir noch eine Spur düsterer vor, weil ich weiß, dass der Autor Selbstmord begangen hat. Als ich es vor einem Jahr las, fand ich es auch ganz schön trostlos, aber eben auch ein bisschen hoffnungsvoll, jetzt sähe das wohl ein bisschen anders aus.

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    1. Die Narben in ihrem Gesicht sind da, aber wirklich so schwach, dass sie eher aussehen, als hätte sie eine Katze gekratzt. Das fand ich auch echt schade, denn die Erklärung dafür hat ebenfalls gefehlt. Naja, ich hatte mit sowas eigentlich schon gerechnet.

      Ich glaube, ich hätte dem Buch auch volle Punktzahl gegeben, hätte ich nicht gewusst, dass der Autor sich für den Freitod entschieden hat. So wirkt das Ende jetzt so falsch, leider.

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    2. Das ist echt blöd, ich fand das gerade so toll in dem Buch, und dann machen die Amis daraus wieder eine relativ unbeschadete Variante.

      Ja, eben. Aber irgendwie veranschaulicht es ja auch noch mal, dass die meisten/ einige da nicht mehr so richtig rauskommen, egal was es für hoffnungsvolle Lichtpunkte zwischendrin gibt. Ist ja auch irgendwie nur realistisch.

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    3. Ich fand es seltsam, dass sie die Problematik der Depressionen der Jugendlichen eher runtergeschraubt, aber dafür mehr Probleme bei den Erwachsenen, besonders bei Bobby, dazu gedichtet haben. Wahrscheinlicher weil man damit leichter umgehen kann.... ich weiß es nicht.

      Ja, das ist schon wahr. Er sagt am Ende des Buches ja (und übrigens auch im Film), dass er weiß, dass er noch nicht geheilt ist. Problem ist nur, dass er auch ganz oft schreibt wie gern er leben, leben, leben will. Und dann das Schicksal des Autoren... hach... ich weiß nicht. Aber vielleicht habe ich es auch falsch verstanden und er sagt, er würde gerne leben wollen wollen, wenn du verstehst, was ich meine.
      Naja, das Buch finde ich trotzdem grandios, keine Frage.

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    4. Ja, das stimmt. Auch wenn das Thema irgendwie generell immer noch eher ein Tabuthema ist, wird es ja bei Kindern und Jugendlichen noch krasser totgeschwiegen.

      Ja, ich verstehe schon. Ich guck nachher zu Hause mal nach, wie er das im Original geschrieben hat, vielleicht ist das ja aufschlussreicher und eindeutiger. Aber selbst wenn nicht, finde ich eigentlich auch die doppeldeutige Interpretationsmöglichkeit ziemlich cool.
      Das unterstreiche ich so :D

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