Wie ich einem (Hör)Buch erlag - "So wüst und schön sah ich noch keinen Tag"

Cherry

Es ist wohl der Titel, der einem bei diesem Buch zuerst ins Auge springt. Dies und die Tatsache, dass der Roman bei Hanser veröffentlicht wurde, was im Grunde immer ein gutes Zeichen ist. Und ich kann den Verlag hierbei nur loben, denn was Cover und Titel betrifft, so finde ich sie wesentlich besser als im Original (eine Seltenheit!). Ja, so viel passender ist dieses zarte Spiel aus Text, Schnee und Blau und spiegelt damit nicht nur Tims zerbrechliches kleines Liebeswunder wider, sondern auch seine Sanftmütigkeit. Er ist nicht nur ein Albino, nicht nur ein Außenseiter; er ist genauso auch ein liebestrunkener Poet, dessen Geschichte eine tragische Wendung nimmt.

Doch eigentlich beginnt der Roman mit dem ziemlich gewöhnlichen Duncan, der sein Senior-Jahr antritt und dessen größte Sorge der anstehende Englischaufsatz zu sein scheint. Er ist es, der Tims Tragödie zum Schuljahresanfang als "Schatz" erhält und bald darauf in der auf CDs aufgenommenen Erzählung versinkt. Doch Duncans Rolle wirkt eher wie die eines bedeutungslosen Zuhörers. Seine Existenz scheint sich nur darin zu begründen, dass er der Empfänger der Nachricht und somit unsere Verbindung zum wesentlich interessanteren Tim ist. Zwar trägt auch er seinen Teil zur dramatischen Wendung bei, doch hatte ich mit einer größeren Bedeutung seinerseits gerechnet. Somit bestand das Buch größtenteils aus Tims Handlungsstrand (was auch nicht schade war).

Aber was mich die meiste Zeit über die Tatsache hinwegsehen ließ, dass es nur eine Person gab, für die man etwas empfinden konnte, dass der Rest aus Schwarz-Weiß-Malerei bestand und dass Tim für einen "normalen" Jungen in seinem Alter viel zu reif und gutherzig war, war Nicolás Artajos Stimme. Nichts gegen Herrn Fröhlich, doch da der gute Mann die Rolle des Duncan abbekam, fiel das Sprechen seines Kollegen wesentlich häufiger und auch positiver auf. Er war Tim und der Grund, wieso ich nicht aufhören konnte, diesem Buch zu lauschen. In vielen Besprechungen zum Roman habe ich herauslesen können, dass einigen Lesern die Emotionen fehlten und sie kaum mit dem Protagonisten mitfühlen konnten. Ich glaube jetzt im Nachhinein, dass mir dies nur aufgrund des fantastischen Sprechers erspart blieb und seine Vortragsweise die Geschichte in meinen Ohren vielleicht sogar besser machte, als sie selbstgelesen gewesen wäre. So aber, habe ich mich mit Tim sehr verbunden gefühlt; mich beinahe ein wenig in ihn verliebt.


6 Kommentare:

  1. Hmpf. Die Geschichte reizt mich sehr. Aber ich bin nicht der größte Hörbuch-Fan und "So wüst und schön sah ich noch keinen Tag" ist auch schon als Buch auf dem Weg zu mir. Ich bin mal gespannt, wie es wirken wird.

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    1. Bei mir schafft es auch nicht jedes Hörbuch mich zu begeistern, aber diesmal hat der Sprecher einfach sehr gut gepasst. Aus diesem Grund habe ich sogar die Lesung dem Buch vorgezogen, obwohl es eigentlich auf meinem Nachttisch lag. Aber ich wünsche dir natürlich sehr viel Freude mit dem Buch und hoffe, dass dich die Geschichte auch so emotional erreichen kann :)

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  2. Also von der Geschichte her spricht es mich nicht sonderlich an, aber dieser Titel und das Cover sind soo schön. Hanser scheint aber auch nicht wirklich mein Verlag zu sein. Das einzige Buch, das ich von denen gelesen habe, war "Das Schicksal ist ein mieser Verräter".

    "Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick" passt als Titel auch viel besser zum Buch als "Punktlandung in Sachen Liebe", wobei ich den an sich gar nicht mal so schlecht finde. "Fangirl" habe ich bis jetzt noch nicht gelesen und habe ich in nächster Zeit auch nicht vor. Durch den ganzen Hype um das Buch habe ich etwas die Lust daran verloren, was eigentlich voll komisch ist, weil mich sowas immer voll neugierig macht und ich mir eine eigene Meinung zu den Büchern bilden möchte.
    Ich muss ja zugeben, dass ich mich im Bereich Klassiker wirklich null auskenne. Bis jetzt, ich habe noch vor das zu ändern. Irgendwie gehört das ja schließlich dazu und die Geschichten klingen wirklich gut. Es hat sich aber bis jetzt einfach die Chance ergeben und ehrlich gesagt wüsste ich auch gar nicht mit welchem Buch ich anfangen sollte :D

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  3. Das ist so ein schönes Gefühl, wenn ein Hörbuchsprecher dem Charakter quasi auf den Leib geschrieben ist. Das hebt das Erlebnis Hörbuch direkt auf ganz neue Level. Mir ging das zuletzt mit Matthias Brandt (Raum und Der Nachtzirkus) und Carl Prekopp (Half Wild) so... oh, und der junge Mann, der Leonard Peacock (im Original) vorgelesen hat, das war auch 1 zu 1 die personifizierte Stimme der Hauptfigur.

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    1. Ich kann nur hoffen, dass ich irgendwann mal wieder solch ein Hörerlebnis habe, dass ich sogar glaube, dass das Hörbuch besser und gefühlvoller ist als das Buch selbst. Es passiert mir sehr oft, dass ich ein Buch unbedingt weiterlesen möchte, aber dass ich ein Hörbuch unbedingt weiterhören will... so ein Verlangen hatte ich noch nie. Richtig toll :)

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    2. Das passiert mir leider auch nicht so oft, aber wenn doch, erinnert es mich wieder daran auch meine Hörbücher ein bisschen genauer und wählerischer auszusuchen :)

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