Es ist eine Idee, die stark an Atwoods Report der Magd erinnert: Frauen werden erniedrigt, indem man ihnen die Stimme raubt. 100 Wörter am Tag haben sie zur Verfügung, danach folgen Stromschläge. Erst als man ihr das verheerende Armband anlegt, merkt Jean, dass man ihr nicht nur ihre Sprache, sondern damit auch alle Rechte als ebenbürtiger Mensch genommen hat. Doch wie soll sie ihre Tochter Sonia erziehen, wie soll sie sie lieben und respektvoll erwachsen werden lassen, wenn sie zu ewigem Schweigen verdammt ist? Als ihre Verzweiflung am größten ist, scheint eine kleine Hoffnung am Horizont aufzuleuchten, die sie packen und nicht mehr loslassen wird.
Würde man ein Buch nur nach seiner Idee bewerten, so hätte mich Dalchers Vox sicherlich restlos begeistern können. Es gefiel mir vor allem, dass es sich bei ihrer Protagonistin um keine Frauenrechtlerin handelte, die die Katastrophe von Anfang an kommen sah. Jean ist eine Frau, welche sich erst nach und nach eingestehen musste, dass sich die Welt in die falsche Richtung entwickelte, ohne dass sie selbst wirklich etwas dagegen getan hätte. Umso größer ist nun ihre Wut gegen die herrschenden Männer und das System, umso größer auch ihr Verlangen, etwas dagegen zu tun und zu rebellieren. Dieser Zorn schwappte beim Lesen auch des Öfteren auf mich über.
Dann aber beginnt sich der Roman zu drehen und der Weltenentwurf, über den ich gerade mehr lesen wollte, gerät in den Hintergrund. Die Autorin konzentrierte sich viel lieber auf "Romantik" und Themengebiete, die sie besser beherrschte: Linguistik und Hirnforschung. Klar, an sich zwei interessante Gebiete, zu denen ich in einem unabhängigen Buch sicher gern mehr erfahren hätte, aber betrachtet man nun Vox, so fehlt es eben, abgesehen von diesen beiden Themen, allem an Tiefe. Ich hätte mir gewünscht, dass Frau Dalcher allen Aspekten ihres Buches so viel Leidenschaft entgegengebracht hätte, wie ihren Fachgebieten. Das aber schafft sie nicht. Ihre Sprache bleibt lächerlich einfach, zwischenmenschliche Probleme werden viel zu schnell und mit keinerlei Schwierigkeiten gelöst und das, was sie an Spannung versucht einzubauen, war für mich weder spannend noch überraschend.
Lange Rezi, kurzer Sinn...
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Tolle Idee, die vor allem Frauen aufrütteln sollte und stark an Atwoods Der Report der Magd erinnert.
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Das erdachte System ist nicht gut ausgearbeitet, bleibt flach und zu vorhersehbar.
Huhu!
AntwortenLöschenJa, an Tiefe hat es tatsächlich gefehlt und einige Wendungen hätten gerne auch anders verlaufen können - trotzdem fand ich es toll. Es ist eben eher ein Buch, dass zur Unterhaltung gemacht ist, mit einem sehr wichtigen Thema. Ich denke, das wurde extra so gemacht. Natürlich kann ich mich auch täuschen, aber für mich hat sich es so angefühlt, als sollte es das Thema gut verdaulich und anschaulich zeigen: und mehr eben nicht.
Dafür fand ich es sehr gut,bis auf den Schluss, da ging alles etwas sehr schnell. Aber über die Thematik würde ich auch gerne noch mehr Geschichten lesen, und dann auch gerne etwas tiefer gehend :)
Liebste Grüße, Aleshanee
Da hast du vollkommen recht, es ist Unterhaltung und das hatte ich vorher so nicht erwartet. Deswegen hat es mich wahrscheinlich auch etwas enttäuscht. Aber die Idee dahinter hat mir natürlich auch gefallen, nur würde ich Lesern, die wirklich etwas Aufwühlendes lesen wollen, andere Titel empfehlen.
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