Das düstere Geheimnis hinter "Wicker King"

Cherry

August und Jack brauchen sich. Sie kennen sich von Kindesbeinen an, können nur untereinander vollkommen sie selbst sein und halten sich aneinander fest. Wohin Jack auch geht, August folgt. Was auch immer Jack verlangt, August gehorcht. Sie sind der Wicker King und sein Ritter; sie sind beste Freunde. Und vielleicht sind sie sogar mehr. Doch als Jack beginnt seltsame Halluzinationen zu sehen, geraten ihre Beziehung und das einst so fantastische Spiel langsam aus dem Ruder. 

Wicker King ist eines der sonderbarsten Bücher, die ich je gelesen habe. Das liegt vor allem daran, dass ich es anfangs in kein eindeutiges Genre einsortieren konnte. Was sich zu Beginn noch wie ein ganz normaler YA-Roman anfühlte, entwickelte sich zwischenzeitig zu einem Fantasytitel, bei dem ich nie sicher sein konnte, was Realität und was Illusion war. Mir gefiel diese fantasievolle Zwischensequenz zwar sehr erinnerte sie mich doch an eine Geschichte von Maggie Stiefvater – doch stellte sich bald darauf heraus, dass sie eine viel tiefere, sehr ernste Bedeutung hatte (was mir gleich noch mehr gefiel).

Die Geschichte rund um August und Jack ist alles andere als eine zuckersüße Highschool-Story. Sie ist düster, sie ist unanständig und sie ist manchmal sogar ganz schön sexy. Ich würde das Buch als den dunklen Zwilling von Nur drei Worte (alias: Love, Simon) bezeichnen, ohne die Romane dabei vergleichen zu wollen (denn das kann man eigentlich nicht). Die Autorin traut sich eine Vielzahl ernster Themen anzusprechen, wofür ich ihr allein schon fünf Sterne geben würde. Sie erzählt von unterdrückter Homosexualität, psychischen Erkrankungen, emotionaler Abhängigkeit und Kindesvernachlässigung. Ihr Nachwort macht deutlich, dass ihr dabei vor allem der letzte Punkte am Herzen lag. Leider muss ich sagen, dass genau dieses Thema am wenigsten herausstach und ich es verstehen kann, dass ihr Roman einiges an Kritik einstecken muss, weil viele Leser*innen die eigentliche Botschaft hinter der Geschichte nicht nachvollziehen können.

August und Jack sind beide labile Persönlichkeiten, deren Handlungen nicht immer verständlich sind. Während man bei Jack irgendwann erahnen kann, was mit ihm los ist, kann man das Verhalten von August nur als fragwürdig bezeichnen (auch wenn es schlussendlich Sinn ergibt). Man mag beim Lesen verwirrt, wütend, vielleicht auch abgestoßen sein, doch bin ich mir ziemlich sicher, dass die Autorin genau diese Gefühle hervorrufen wollte, um aufzuzeigen, wie gefährlich es sein kann, wenn Menschen mit psychischen Störungen keine professionelle Hilfe bekommen und auf sich allein gestellt bleiben. Ein erwachsener, reflektierter Mensch wird das erkennen. Mir stellt sich jedoch die Frage, inwieweit auch jüngere Leser*innen das so interpretieren und ob sie nicht vielleicht die falschen Schlüsse aus der Geschichte ziehen könnten.


Lange Rezi, kurzer Sinn...

+
Die Autorin geht nicht die altbekannten Wege und schafft damit eine originelle YA-Story, die sich mit wichtigen, ernsten Themen beschäftigt. Düstere Atmosphäre inklusive.

-
Die eigentlich so vertretbare Botschaft wird meiner Meinung nach nicht zur Genüge vermittelt. 


1 Kommentare:

  1. Du jetzt auch noch! xD Dann muss wirklich was dran sein an dem Hype. Ich will jetzt auch!

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