Grauen und Schrecken in "Lapvona"

Cherry
 
Lapvona von Ottessa Moshfegh gebührt eine einzige, riesengroße Triggerwarnung, denn jede der in dem gleichnamigen Örtchen lebende Figur ist auf ihre eigene Art anstößig. Angeführt vom verschwenderischen Landvogt Villiam, der die Bewohner*nnen des Dorfs lieber verdursten und verhungern lässt als irgendetwas zu teilen, haben die Menschen gelernt, nur an sich selbst zu denken. Eine Misere jagt die nächste, sodass selbst Gottesfürchtige zu grausamen Sünder*innen werden — manche von ihnen sogar in dem Glauben, das Richtige zu tun. 
 
Es gibt mehrere Personen, deren Gedankengänge wir im Laufe des Buches folgen. Marek, der missgebildete Sohn des Schafshirten Jude, war für mich dabei der eindrücklichste. Anfänglich noch mit der Vermutung, es würde sich bei ihm um den armen Helden der Geschichte handeln, geriet diese doch schnell ins Wanken. Alles was geschah, war so grauenvoll und doch so faszinierend, dass ich trotz der in mir aufkeimenden Antipathie nicht aufhören konnte zu lesen. Vielleicht war sie aber auch der Grund. 
 
Wem aber empfiehlt man solch ein Buch? Einerseits ist es bemerkenswert, was für ein Grauen die Autorin aufs Papier bringt — vollkommen ungeschönt, tabulos und fesselnd; andererseits ist es schwer zu sagen, wer sich diesen Roman zu Gemüte führen kann und will. Dennoch glaube ich, dass es viele Leser*innen gibt, die Faszination für das Böse und Widerwertige entwickeln (anders könnte man sich die steigenden Einschaltquoten von True Crime-Podcasts und Serienmörder-Dokus nicht erklären). Vielleicht hat Ottessa Moshfegh genau in diesen Menschen ihre Leserschaft gefunden. Mich hat sie mit diesem unverblümten Blick in die Abgründe der menschlichen Psyche auf jeden Fall für sich gewonnen. Trotzdem ist nach Beendigung der Lektüre auch in mir der Wunsch gewachsen, zu einer komfortableren Geschichte zu greifen. 
 
 

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