"George" oder: warum ein gutes Thema eben nicht alles ist.

Cherry


Wenn es für ein gutes Buch nur ein interessantes Thema bräuchte, so wäre George ganz sicherlich ein Jahreshighlight geworden. Aber für ein gutes Buch braucht es eben wesentlich mehr als eine 10jährige, die sich im Körper eines Jungen befindet. Klar, es ist toll, dass sich immer mehr Autoren an diese Thematik heranwagen, sogar aus ihren eigenen Erfahrungen berichten und damit die Bevölkerung aufklären, die damit noch keine Berührungspunkte hatte, allerdings möchte man als Leser auch ein Buch geboten bekommen, was man nicht nur aufgrund der Problematik gerne liest, sondern auch, weil es sich gut lesen lässt. Das konnte mir George leider nicht bieten.

Ich fand es wirklich schade, aber stilistisch war George für mich ein steiniger Weg. Natürlich verstehe ich, dass man Kinderbücher einfacher halten muss als belletristische Titel, aber ich habe schon viele Romane für 10Jährige gelesen, die sich viel besser lasen als die Geschichte rund um George. Darum bin ich mir fast sicher, dass es empfehlenswerter gewesen wäre, das Buch von einer anderen Person schreiben zu lassen, die aus den Erfahrungsberichten Ginos hätte schöpfen können. So hätten sich die Dialoge vielleicht nicht so falsch und gekünstelt angefühlt und wären etwas altergerechter gestaltet worden. Da dies allerdings nicht der Fall war, stolperte ich mehrere Tage durch den Roman, der vom Umfang eigentlich ein Leseerlebnis von einem Nachmittag gewesen wäre und fand keinen Draht zu den gestellten Figuren. 

Was mir ebenso wenig gefiel, war die Tatsache, dass auch dieser Roman an der interessantesten Stelle endet. Erst werden George alle nur möglichen Steine in den Weg gelegt - vom Mobbing, zur Mutter bis hin zur Lehrerin -, dann folgt der Schlüsselmoment in dem plötzlich alle merken, dass George es wohl ernst meint und kurz darauf ist alles gut und George kann sich outen. Ende. Der ganze Prozess, der darauf folgt, spielt keine Rolle. Diesen Punkt habe ich bereits bei Zusammen werden wir leuchten kritisiert und auch hier kann ich ihn nur ein weiteres Mal erwähnen. Da Alex Gino selbst Erfahrung mit der Transgenderthematik hat, hatte ich wirklich mehr vom Inhalt erwartet. Trotzdem möchte ich niemandem vom Buch abraten, schließlich bin ich mir sicher, dass viele Lobeshymnen auf das Buch gesungen werden. George hat auch ganz klar eine Daseinsberechtigung, nur hat mir das Lesen leider überhaupt keine Freude bereitet.

Lange Rezi, kurzer Sinn...

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Die Transgenderthematik im Kinderbuchbereich ist neu und sehr wichtig (leider befürchte ich, dass es die Kinder, die es betrifft, niemals erreichen wird, sondern eher Teenies und Mittzwanziger einen Blick reinwerfen werden).

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Die holprige Sprache, gestellten Dialoge, unglaubwürdige Handlung und der falsch gesetzte Schluss ließen mich nach ersten Hoffnungen weitesgehend enttäuscht zurück.


8 Kommentare:

  1. Dieses Problem ist mir auch schon begegnet, zuletzt bei None of the Above. Da war es genauso: tolle Thematik, aber das Buch hat sich gelesen wie ein Aufklärungsfilm. Wirklich schade, wo ich es so toll finde, dass jetzt immer mehr Bücher zu solchen speziellen Themen auf den Markt kommen. Hoffen wir mal, dass die es einfach schaffen den Weg zu ebenen und uns in der Zukunft dann auch Werke begegnen, in denen Thematik, Stil und Figuren stimmen.

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    1. Das mit dem Stil war echt schade, und diesmal weiß ich sogar von anderen Leserstimmen, die mich da bestätigen (also keine Zweifel wie bei "Es ist gefährlich bei Sturm zu schwimmen" ;) ). Ich hatte bei "George" einfach etwas mehr erwartet, weil Alex Gino selbst Erfahrungen als Transgender gesammelt hat. Das Buch wirkte dadurch nur leider nicht authentischer. Schade, aber du hast Recht, vielleicht waren das alles nur Mutmacher für andere Autoren, die sich nun auch an das Thema wagen.

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    2. Haha, lustigerweise hab ich kurz nach deiner Rezension eine gelesen, die das gar nicht kritisiert hat, sondern einfach das Thema bejubelte ;D

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    3. Dachte mir schon, dass es da auch genug von geben wird ^^'

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  2. Ich verstehe total, was du meinst - auch wenn es noch so schade ist. Ich habe des Öfteren das Gefühl, dass Autoren mit einem Thema die Leser anziehen wollen, weil es eben gerade in aller Munde ist - aber gar nicht so genau wissen, wie sie es eigentlich umsetzen wollen. Bücher über LGBTQ sind ja grade im Kommen und ich habe über viele von denen auch schon mehr Negatives als Positives gehört.
    Schade, dass das wohl auch bei "George" der Fall ist, obwohl - wie du ja auch anmerkst - ich auch schon viele deutsche Schwärmereien dafür gelesen habe. Aber ein holpriger Stil kann einem auch die beste Geschichte verleiden.

    Ich danke für für deine differenzierte Meinung!

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    1. Bei Alex Gino hatte ich ein wenig mehr erhofft, weil Gino ja selbst im LGBTQ-Bereich unterwegs ist und sicherlich einiges an Erfahrungen sammeln konnte. Vielleicht lag es ja an der Übersetzung, aber auch wenn es hart klingt, einige Menschen sind nunmal nicht dazu geschaffen, Autoren zu sein, so wie andere nicht dazu geschaffen sind Musik zu machen oder zu malen. So ist das eben. Aber naja, andere Leser fanden "George" ja ganz toll, aber ich vermute mal, denen war beim Lesen der Stil auch nicht so wichtig.

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  3. Oh das ist ja echt schade, dass dir George gar nicht gefallen hat. Da mir das Buch ziemlich gut gefiel, und ich es innerhalb von 2 Stunden aus gelesen hatte, kann ich deinen ersten kritikpunkt hisnichtlich des Schreibstils nicht ganz nachvollziehen, aber das mit dem Ende ist wohl wahr. Es fehlt ein Weitblick und die Aussicht was danach passiert, wobei ja die Gefühle am Ende klar sind und man sich mit George schon freut, dass sie endlich einen Schritt vorwärts gekommen ist.

    LG Piglet ♥

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    1. Ich wünschte, ich könnte von einem ebenso rasanten Leseerlebnis sprechen wie du. Hatte mir das Buch für die Wartezeit beim Arzt mitgenommen und war dann irgendwann so genervt vom Stil, dass ich lieber vor mich hin gestarrt habe, als weiterzulesen. :( Manchmal passt es scheinbar einfach nicht.

      Und ja, ich habe mich für George natürlich auch gefreut, aber da diese Bürde zwischen uns Stand, konnte ich leider nie die Beziehung zu ihr aufbauen, die ich gerne gehabt hätte. Trotzdem, schön, dass die Geschichte bei den meisten gut ankommt, denn das Buch ist, wie du auch in deiner Rezi geschrieben hast, unglaublich wichtig, gerade für jüngere Leser, die ja noch weniger mit dem Thema in Kontakt kommen, als wir Erwachsenen.

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