"Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden"

Cherry

Als Therapeutin über die Sorgen und Sitzungen der eigenen Klient*innen zu schreiben, ist eine Geschichte; über die eigenen Sorgen und Therapieerfahrungen zu berichten, eine ganz andere. Lori Gottlieb lässt uns in ihrem Buch Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden sowohl die Perspektive des/der Therapeut*in, als auch die des/der Klient*in einnehmen und erlaubt damit einen sehr intimen Einblick in das eigene Arbeiten und Leben. Ihr Text ist eine Mischung aus fachlichem Input, autobiografischen Passagen und gesammelten Erfahrungen in eigenen Therapiesitzungen. Das Buch geht dabei keinesfalls chronologisch vor, sondern wechselt in den verschiedenen Abschnitten hin und her. Was vorerst ein wenig verwirrend scheint, folgt schlussendlich aber einem roten Faden, der sich am Ende, schön verpackt und rund, wie eine Schleife um das Werk binden lässt.

Auch wenn mir anfangs der autobiografische Part weniger gefiel und ich ungeduldig wieder weiter vor zur Beschreibung der Klient*innenfälle Gottliebs blättern wollte, muss ich mir doch eingestehen, dass auch diese Teile eine tragende Bedeutung für das große Ganze hatten. Bemerkenswert ist außerdem, wie unterhaltsam und locker die Autorin über sehr ernste, oftmals sogar sehr tragische Situationen schreibt, was sicherlich ihrer früheren Arbeit als Journalistin zu verdanken ist. So hatte ich zwar an vielen Stellen Tränen in den Augen, verfiel aber nie einer zu melancholischen Stimmung.

Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden ist ein mutiger Erfahrungsbericht einer talentierten Psychologin, die uns einen tiefen Einblick in das eigene, aber auch das Seelenleben ihrer Klient*innen erlaubt (anonymisiert, versteht sich). Es ist sowohl für Psychologiekenner*innen als auch für Neulinge gut geeignet und bietet ein kurzweiliges Leseerlebnis. Dennoch möchte ich an dieser Stelle eine Triggerwarnung für folgende Themen aussprechen: Depressionen, Suizidgedanken, häusliche Gewalt, Tod, Krebs und Verlust naher Angehöriger.


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