Die unmenschlichen Dinge in
"Menschliche Dinge"

Cherry


Die Familie Farel steht ganz weit oben: ein zwar geschiedenes, aber erfolgreiches Elternpaar und ihr Sohn Alexandre, der auf dem besten Wege ist, in ihre Fußstapfen zu treten. Doch eine einzige Nacht verändert all die vielversprechenden Aussichten, denn Alexandre soll sich einer Tat schuldig gemacht haben, die nicht so leicht zu verzeihen ist. Die Fassade des Ruhms beginnt zu bröckeln, und so auch die Leben aller drei Familienmitglieder.

Wer mal wieder ein Buch lesen will, über dessen Inhalt man sich so richtig schön ärgern kann, der sollte zu diesem Roman greifen. "Menschliche Dinge" malt nämlich das Portrait einer Gesellschaft, die von sich selbst behauptet, gleichberechtigt und gerecht zu sein, im Falle einer Gegenüberstellung einer privilegierten und einer benachteiligten Fraktion jedoch ihr wahres Gesicht zeigen muss. Und dieses Gesicht ist hässlich. Die Menschen, die wir dabei begleiten dürfen, zeichnen sich durch männlichen Narzissmus, unbändigem Ehrgeiz und Abstiegsängste aus. Sie sind das Sinnbild der modernen Familie, die sich beim Verfolgen der eigenen Ziele langsam verloren hat und durch eine existenzielle Katastrophe halbwegs wieder zueinander findet. Ihr Zusammenspiel spielt jedoch eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sind es die unumgänglichen Auswirkungen des Vorfalls auf die individuellen Leben der Personen, die in der Geschichte im Fokus stehen. Doch sind diese wirklich so gravierend wie anfangs vermutet? 

Zu Beginn konnte mich das Buch vor allem mit seinem sprachlichen Stil packen, doch holte es bald darauf auch mit seinem Inhalt auf. Die zweite Hälfte, in der es um den wichtigen Gerichtsprozess geht, fand ich deswegen wesentlich besser. Ich bin aber am Ende vollauf begeistert wieder aus der Geschichte aufgetaucht und kann das Buch nur jedem/r ans Herz legen, der/die gesellschaftskritische Romane liebt. Tuil schafft es, den Geist ihrer Figuren authentisch wiederzugeben. Ihre Gefühle unabhängig davon, ob positiv oder nicht sind ein Spiegelbild unserer gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation. Das tut zwar manchmal weh, ist auf seine brutale Art und Weise aber auch brillant.

 

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